Turm in Havanna

Tag 25: Ein Totalschaden, ein Russe und zu viel Alkohol

Datum: 04.11.2018 | Ort: Havanna

Ein ruhiger Vormittag

Der Tag beginnt wieder mit einem gemütlichen Frühstück am Balkon. Es ist Samstag und die meisten Nachbarn sitzen auf der Straße, in ihren Türen oder an ihren Fenstern. Die ganze Straße wird von ein paar Dominospielern laut mit Reageton beschallt.

Wir haben es heute nicht sonderlich eilig vor die Türe zu kommen. Die Fotos von den Kameras müssen mal wieder gesichert werden und die Reiseberichte schreiben sich auch nicht von alleine.

Hemmingways Kneipentour

Am Nachmittag ziehen wir los um Hemingways Bars anzusehen. Es sind drei Stück in Havanna: Das El Floridita, das Dos Hermanos und die la Bodeguita del Medio. Im El Floridita waren wir ja bereits gestern und sind direkt wieder geflohen.

Unweit unserer Unterkunft liegt das Dos Hermanos, also gehen wir dort zuerst hin. Von außen sieht die Bar mit großen Fenstern, die teilweise aus Milchglas bestehen recht modern aus.

Außenansicht Dos Hermanns

Der Laden besteht aus einer langen dunklen Theke und ein paar kleinen Tischen und Stühlen. An den Wänden steht viel Alkohol, auch Wein ist dabei.Alles ist in dunklem Holztönen gehalten, was einen angenehmen Gegensatz zum hellen Boden bildet. Der Barmann ist ein weißhaariger älterer Herr, der mit seiner ruhigen freundlichen Art ganz hervorragend zur Einrichtung passt. Die Bar ist fast komplett leer. Nur zwei der ungefähr ein Dutzend Tische sind besetzt.

Die musikalische Untermalung passt allerdings so gar nicht in sie Szenerie. Aus einem Fernseher über der Bar schallt laut Reageton. Gleichzeitig spielt Livemusik. Ein etwas angetrunken und sehr versunkener E-Gitarrist mit langen grau melierten Haaren steht umringt von Boxen gegenüber des Fernsehers. Gelegentlich schlägt er sehr gefühlvoll einen einzelnen Ton an, der nichts mit der restlichen musikalischen Beschallung zu tun hat. Er stört nicht, aber er wirkt extrem deplatziert hier.

Blick auf die Bar des Dos Hermanos

Es ist erst drei Uhr, aber wir können schlecht in die Wiege des Mojito gehen und ein Wasser trinken.
Ich bestelle mir also einen Mojito, Max einen Cuba Libre.

Unsere Drinks kommen, sie sind gut, sehr erfrischend und unbestreitbar alkoholisch. Nach einer halben Stunde verabschieden uns vom Barkeeper und ziehen leicht beschwipst weiter in die la Bodeguita del Medio.

Wir laufen an einer Hauptstraße entlang. An einer etwas breiteren Stelle des Gehsteigs spielen Kinder Fußball. Gelegentlich rollt der Ball über die vierspurige Straße und verursacht einen kleinen Tumult.

Es dauert ein bisschen, bis wir die richtige Gasse zur Bodeguita finden. Dann ist der Laden jedoch nicht zu übersehen. Eine große Traube an Touristen steht auf der Straße. Die Bar ist kompett voll, an ein Hinneinkommen ist nicht zu denken. Es ist gerade einmal 15:30.

In der Bar spielt Lifemusik, ‚Quatanamera‘ natürlich. Von außen ist die Bar recht unscheinbar und klein, allerdings haben sich Horden von Touristen auf der Hauswand außenherum mit Edding verewigt. Wir geben auf und ziehen weiter.

Menschenmaßen wollen in die La Bodeguita del Medio

Eine Oldtimer-Stadtrundfahrt

Max möchte unbedingt eine Stadtrundfahrt in einem Oldtimer machen. Wir gehen davon aus, dass die Fahrt deutlich teurer ist, wenn wir auf die Fahrer aktiv zugehen. Daher laufen wir möglichst desinteressiert alle die Plätze ab, an denen die Kabrios herumstehen. Ausgerechnet jetzt machen die Fahrer gerade alle Pause und keiner quatscht uns an. Wir müssen mehrmals an all den Spots vorbeilaufen, bis uns endlich ein Fahrer ins Visier nimmt.

An zentralen Plätzen warten Oldtimer auf ihre Kunden

Die Arbeitsteilung ist klar: Max ist der Goodcop, ich der Badcop. Die Fahrer die uns bisher begegnet sind, sind dem Auftreten nach eh ziemliche Matchos, die mich als Frau nicht ernst nehmen. Also verhandelt Max den Preis und ich nörgel der Zeit, dass ich lieber den Bus nehmen will, dass alles viel zu teuer ist und ich eine andere Farbe des Autos will. Der Preis sinkt so schnell von 30 CUC je Person auf insgesamt 30 CUC. Ich denke er hätte sich auch noch weiter drücken lassen. Dafür bekommen wir einen 51’er Ford in lila. Ich persönlich hätte ja tatsächlich lieber einen gelben, orangen, pinken oder roten gehabt, aber okay.

Unser Fahrer erinnert mich ziemlich an de Collectivo-Fahrer von Playa Larga nach Vinales. Er ist relativ klein, muskulös aber gleichzeitig ziemlich unsportich. Eine wirkliche Stadttour bei der man etwas lernt ist es nicht. Gelegentlich bekommen wir auf nachfrage Infos wie ‚das ist ein Hotel‘ oder ‚ Das ist das Zentrum von Havanna‘.

An den berühmten Bildern von Guevara und Castro an den Hauswänden hält er an einem Parkplatz. Wir haben 10 Minuten für Selfies, erklärt er, dann fahren wir weiter. Eigentlich wollen wir gar keine Selfies. Der Himmel zieht zu und das Motiv ist nicht wirklich gut für Selfies geeignet. Trotzdem gehen wir wie all die anderen Touristen in den anderen Oldtimer-Kabrios los und machen das Pflichtbild.

Das Bildnis von Che Guevara auf einer Hauswand

Danach dürfen wir erst einmal fünf Minuten darauf warten, dass unsere Fahrer mit seinen Kumpels zu Ende geratscht hat. Wir fahren weiter.

Wir halten noch am John Lenon Park. Es ist einer der tristesten Orte, die ich je gesehen habe. Ungepflegte Rasenflächen und kränkelnde Bäume umringen ein rundes Podest aus einem glattem Stein. Es stehen einige extrem schnörkelige Metallbänke herum. Auf einer sitzt eine Figur von John Lennon. Die ist nett. Das verfallene Haus gegenüber vom Park finde ich allerdings von allem hier am sehenswertesten. Trotzdem machen wir pflichtbewusst unsere Touristenselfies. Unser Fahrer lässt derzeit den Motor mit offener Motorhaube etwas auskühlen. Ob alles okay ist, fragen wir besorgt. „Jaja“ erklärt er.

Wir fahren weiter, den Malecon entlang. Der Himmel wird immer grauer. Der viele Beton, der graue Himel, die grauen Häuser und die Straße vereinen sich zu einem monochromen Bild.

Plötzlich macht das Auto ein komisches Geräusch. Unser Fahrer hält an, wirft einen kurzen Blick auf das Auto und erklärt dann, er habe einen Getriebeschaden, die Fahrt sei vorbei. Aber die Stunde sei ja eh bereits um, wir sollen ihn jetzt zahlen und zu Fuß in die Stadt laufen. Wir stehen mitten am Malecon, wir waren hier bereits am Vortag und ich bin mir extrem sicher, dass die Innenstadt noch ein gutes Stück entfernt ist.

Entsprechend bin ich ziemlich angpisst über die dreiste Aussage des Fahrers und mein Mittleid hält sich in Grenzen. Nicht einmal ein Entschuldigung kommt ihm über die Lippen oder ein Angebot ein Taxi zu holen oder ähnliches. Ich erkläre ihm entsprechend auch sehr nachdrücklich, dass ich sehr genau weiß, dass es noch ein gutes Stück in die Stadt ist und dass die Fahrt da endet wo sie begonnen hat. Er erklärt uns ein Taxi würde nur 5 CUC zurück kosten. Ich erkläre ihm, dass wir ihm entsprechend auch nur 25 CUC zahlen und er uns dann ja ein Taxi für 5 CUC organisieren kann. Er stimmt zu. Wir zahlem ihm 25 CUC, warten dann aber nicht auf ein Taxi sondern gehen zu Fuß los und lassen ihn stehen. Von den 5 CUC für das Taxi hätte er vermutlich 4 CUC eh nur selbst eingesteckt.

Ich bin eigentlich ein sehr netter Mensch, aber manche Menschen gewöhnen einem wirklich das Mitgefühl ab. Ob er wirklich einen Getriebeschaden hatte, lasse ich mal dahingestellt. Entweder er ist Telepat, sein Auto hat das regelmäßig oder er hatte einfach keinen Bock mehr weiter zu fahren.

Russisches Abendessen unter Nachbarn

Wir laufen fast eine halbe Stunde bis wir wieder ungefähr dort sind, wo wir losgefahren waren. Der Spaziergang stört uns nicht wirklich, allerdings zieht der Himmel immer weiter zu. Ich habe die Kamera in der Handtasche und die ist nicht wasserdicht. Daher flüchten wir, als es anfängt zu regenen, in das nächstbeste Restaurant.

Es ist ein russisches Restaurant, sehr modern in der Aufmachung und nicht ganz günstig. Wir setzen uns in den ersten Stock auf die Empore und sehen zu wie draußen ein Wolkenbruch losgeht. Der Kellner weist uns darauf hin, dass die Jungs am Nachbartisch ebenfalls aus Deutschland sind. Wir nehmen die Info ersteienmal als ’nice to know‘ hin, man muss sich ja nicht mit jedem Deutschen in Kuba unterhalten.

Nach einiger Zeit kommen wir dann aber doch ins Gespräch und sie setzen sich zu uns an den Tisch.
Die beiden kommen gerade aus Mexico und haben ihren ersten Abend auf Kuba. Insofern hat man eine Menge Gesprächsstoff und kann Erfahrungen austauschen. Sie bringen auch bereits einiges an Reiseerfahrung mit und man unterhält sich gut.

Das Essen kommt und ist sehr lecker. Max ist besonders angetan über seine Rippchen, aber auch mein griechischer Salat mit frischem Baguett ist gut.

Eine spontane Kneipentour

Nach dem Essen trinken wir noch einen Cocktail, und eines führt zum anderen und wir landen in einer weiteren Bar und dann noch einer und testen die Vielfalt der kubanischen Cocktaillandschaft.

In der ersten Bar gibt es nur Cuba libre, alles andere ist aus, dafür besteht dieser so gut wie nur aus Rum. Es spielt aber sehr gute Livemusik.
In der zweiten Bar werden wir von einem Cubaner endlos zugetextet.
In der dritten Bar ist es wirklich nett und ich haben meinen ersten Canchasara. Er ist stark. Aber bereits um 11, als wir dort eine zweite Runde ordern wollen, erklären sie, dass sie jetzt schließen.

Wir ziehen also weiter und werden von ein paar Kubanern auf der Straße in eine Bar gebeten, die optisch eine seltsame Mischung aus Wohnzimmer, Garage und Bordell ist. Sie ist eine dieser Wohnungen in denen man einfach die Wände herausgerissen hat und dann erklärt hat, es ist jetzt eine Bar. An einer Wand hängt noch eine Dusche. Die Coctails hier sind viel zu teuer. Wir flüchten daher ohne zu bestellen.

Als wir so durch die Straßen laufen, kommen wir am Quartier unserer Begleiter verbei und sie beschließen, den Abend für sich nun doch zu beenden.

Also laufen Max und ich alleine weiter. So genau wissen wir nicht, wo wir sind, aber dank unserer Offlinekarten schaffen wir es schon irgendwie wieder zurück in die Wohnung. Dort schlafe ich sehr schnell und sehr fest ein.

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