Revolutions Museum Havanna

Tag 24: Zum Teufel mit der Revolution

Datum: 03.11.2018 | Ort: Havanna

Unerwarteter Besuch beim Frühstück

Max wirft mich hoch motiviert eine Stunde vor dem Frühstück aus dem Bett. Während er Frühsport macht, kämpfe ich mit einer sehr besitzergreifenden Zudecke.

Pünktlich um 9 Uhr, klopft es an der Tür. Unsere Gastgeberin bringt das Frühstück. Wir frühstücken gemütlich auf dem kleinen Balkon der Wohnung – So lässt sich ein Tag beginnen.

Ein paar Minuten später klopft es wieder an der Tür. Ich erwarte unsere Gastgeberin. Ein älterer Herr mit Klemmbrett steht davor. Ich schaue ihn fragend an, er schaut irritiert, erklärt mir etwas auf Spanisch und ich glaube er will mit unserer Wohnungsverwalterin reden. Er deutet in ihre Richtung ihrer Wohnung und mach ein Zeichen, das wohl ‚passt schon‘ heißt. Zumindest protestiert er nicht als ich die Türe wieder zu mache.

Ich setze mich wieder auf den Balkon, wir essen ungestört weiter. Unter uns zieht der Trubel der Stadt vorbei, gegenüber frühstücken zwei andere Touristen in einem Wohnzimmer. Ein Nachbar, der seinen Balkon komplett vergittert hat, kommt missmutig aus einer Wohnung und stellt eine leere Farbdose zwanzig Zentimeter weiter nach rechts.

In Havanna ist es heiß

Nach dem Frühstück ziehen wir in die Stadt los. Schnell merken wir: Havanna ist heiß! Haben wir vor zwei Tagen in Vinales noch gefrohren, so zerlaufen wir hier vor Hitze. Die Sonne staut sich in den engen Gassen, heizt sie auf und bringt sie zum müffeln.

Die Häuser in Havanna sind wunderschön. Es ist ein bisschen schade ihren oft schlechten Zustand zu sehen. Viele sagen, dass das der Charm Havannas ist, dieses verfallene. Ich hingegen frage mich die ganze Zeit, wie die Straßen wohl aussahen, als sie erbaut wurden. Sie müssen wahnsinnig prachtvoll gewesen sein.

Auch heute strahlen sie noch eine gewisse Eleganz aus und haben Flair. Andererseits vermeide ich es direkt nach oben zu schauen, denn viele Balkone, Dächer und Vordächer sind so marode, dass sie jederzeit ohne Vorwarnung Passanten erschlagen könnten.

Die Straßen in Havanna sind eine Mischung aus halb verfallen und frisch renoviert

Hemingway Bar El Floridita

Wir kommen vorbei am El Floridita, Hemingways Lieblingsbar. Sie wirbt sogar auf ihrer Markise damit. Es gibt einen Türsteher. Als sich die Tür öffnet, kommt uns ein Schwall kalter Luft entgegen. Neben dem Eingang spielt eine Liveband in ohrenbetäubender Lautstärke ‚Quantanamera‘.

Die Bar ist gestopft voll und das bereits Vormittags. Im vorderen Bereich, der Bar stehen die Leute einfach nur dumm rum oder sitzen an viel zu kleinen Tischchen mit kleinen Daiquiris. Der hintere Bereich ist eher ein gediegenes und sehr altmodisches Restaurant ohne Fenster. Hier werden gerade noch Touristen an die Tische gestapelt.

Wir flüchten ohne etwas getrunken zu haben. Keine Ahnung was Hemingway hier so getan hat zu seiner Zeit, aber heutzutage würde er auch flüchten.

Ein Raum voller Menschen, lauten Salsa Rhythmen und 16 Grad Raumtemperatur

Wir gehen ein paar Schritte weiter und wollen ziemlich durstig in eine Bar gehen als uns eine Karte unter die Nase gehalten wird. Ich denke sie gehört zu eben jener Bar, doch wir werden in sehr lange Treppe in das Wohnhaus daneben hochgelotzt. plötzlich stehen wir ein einem Wohnzimmer voller Tische und Stühle, das mehr schlecht als recht auf Restaurant getrimmt wurde. Wir sind die einzigen Gäste. Doch das Wasser ist kühl und der Ausblick auf das El Floridita gut. Mehr als ein Wasser wollen wir sowieso nicht und für ein kurzes Verschnaufen ist es hier gerade recht.

Museo de la Revolucion

Wir laufen weiter, entlang am Malecon, vorbei an Kirchen, Klöstern, sitzen auf der Treppe des Capitol und machen Selfies, Laufen über den Square of Arms, vorbei an der Festung der königlichen Streitkräfte, schauen uns mehrere Statuen an (Christus, El Temlete). Dann wird uns zu heiß und wir merken, dass wir Sonnenbrand bekommen. Ganz in unserer Nähe ist das Revolutionsmuseum. Das Museum gehört zu einer Stadttour in Havanna fest zum Programm, also gehen auch wir hinein.

Zunächst müssen wir schon einmal 25 Minuten vor der Tür warten. Ein Schild klärt darüber auf, dass Koffer, Taschen, Essen, Alkohol, Hunde und Topfpflanzen (Warum auch immer) unerwünscht sind.

Ich nehme also die GoPro mit Gimbl in die Hand, mein Handy in die Hosentasche und mache mir meine Sony an den Gürtel. Meinen Geldbeutel und die große Sony nimmt Max. Die Tasche mit einer ganz dünnen Jacke, einer kleinen Tube Sonnencreme und Handdesinfektionsmittel kann ich nun getrost an der Gaderobe abgeben. (Falls ihr Euch mal gefragt habe, was ich immer alles mitschleppe: Das und Wasser.)

Der Eintritt in das Museum kostet 8 CUC, mit Führung 10 CUC. Führungen gibt es nur auf spanisch.

Wenn man ins Museum hinein kommt, ist es zunächst beeindruckend. Die lange Steintreppe erlaubt einen Blick bis in die Kuppel des Gebäudes. Dann kommt man in den ersten Stock. Ich bin mir nicht sicher ob die Ausstellung wirklich dort anfängt. Auf jeden Fall gehen wir dort in den ersten Raum. Es ist ein Ballsaal. Er ist komplett leer, zwei Stockwerke hoch und wird gerade renoviert.

Danach kommt das alte Präsidentenbüro in dem der Expräsident Batista ermordet werden sollte. Er floh durch eine geheime Treppe und entkam so den Revolutionären. In das Büro kann man durch zwei Türen hineinsehen, vor der geheimen Treppe ist eine Plexiglasscheibe.

Die restliche Ausstellung besteht aus Glasvitrinen mit Postern. Diese sind häufig auch auf englisch, aber nicht immer. Auf den Postern steht die Geschichte der Revolution: glorifiziert, vereinfacht, als Propaganda.

Das Revolutionsmuseum ist aus meiner Sicht ein totaler Reinfall und das Geld nicht wert. Wer sich für die wirklichen Ereignisse interessiert ist hier falsch. Besser bedient seid ihr auf jeden Fall, euch ein paar Dokumentationen darüber in ntv, n24 oder einem anderen Sender Eurer Wahl anzusehen. Dann versteht ihr wenigstens auch etwas.

Neben Postern gibt es einige wenige Exponate – zwei Hüte, eine alte Uniform und die Trage auf der angeblich Che Guevaras Leiche herumgetragen wurde. Im zweiten Stock gibt es zudem zwei echt schlecht gemachte Wachsfiguren, die in einem extrem verstaubten Dschungel stehen.

Im Gebäude nebenan gibt es ein paar Panzer, die Jacht Grama, die man allerdings nur durch vergitterte Glasscheiben ansehen kann, und ein Flugzeug und eine Rakete. Mit Führung und sehr viel Geschichtsinteresse mag das Ganze vielleicht noch brauchbar sein, wenn ihr jedoch eigentlich nur das Touristenprogramm machen wollt, spart Euch das Geld lieber und informiert euch anderweitig.

Wir laufen etwas irritiert und enttäuscht durch das Museum. Ich lese einige Poster, nicht alle. So motiviert bin ich nicht. Ich habe auch das Gefühl irgendwie zu wenig Vorwissen mitzubringen, um mit diesem Museum überhaupt etwas anfangen zu können. Einige Bilder die auf die Poster gedruckt sind haben so eine schlechte Auflösung , dass man außer Pixel nichts erkennen kann. Oft verstehe ich auch einfach nur spanisch.

Die Strähne geht weiter

Nach diesem weiteren Reinfall laufen wir weiter in einen anderen Teil der Stadt. Ich habe von einer Bar in einem Hochhaus gelesen, dem El Torre. Man soll einen tollen Blick über die Stadt haben. Mit bereits ziemlich patten Füßen und ausgelaugt kommen wir dort an. Es ist wegen Renovierung geschlossen.

Dann entdeckt Max das Copelia, eine berühmte Eisdiele, auf seiner Karte. Wir gehen hin. Dort ist ein Park, darin, so vermuten wir, die Eisdiele. Wir gehen also in den Park und wollen uns ein bisschen umsehen.

Ein Wachmann kommt auf uns zu und gibt uns seltsame Handzeichen. Wir sehen ihn ratlos an. Er ruft seine Kollegen herbei: „Italianos“. Nein wir sind eine Italiener erklären wir. Der Wachmann versucht es also auf Englisch. Wir können nur in diesen Park wenn wir ein Eis kaufen und dazu müssten wir uns in der Schlange anstellen.

Die Schlange, die nicht wirklich erkennbar ist – Ich hatte sie für eine Bushaltestelle gehalten – besteht aus Leuten, die am Rande des Parks herumstehen, teils an den Zaun gelehnt sind oder sich unterhalten. Wie lange man dort stehen muss weiß ich nicht, aber ich hatte nicht den Eindruck, als würde da etwas vorwärts gehen.

Das Ende mit Eis

Wir sind genervt und haben keine Lust uns schon wieder anzustellen. Also gehen wir Richtung Malecon. Dort entdecken wir eine andere Eisdiele. Mit ziemlicher Sicherheit bescheißt uns die Kassiererin um einen CUC, doch wir müssen wenigstens nicht anstehen.

Die Eisdiele ist innen gut klimatisiert, relativ sauber und wir können ein bisschen die Füße ausruhen. Das Eis ist allerdings nicht gut.

Danach gehen wir zurück zu unserer Unterkunft. Wir kommen noch an der Universität vorbei. Die hat eine schöne Treppe. Ich weiß nicht ob man dort mehr ansehen muss. Ich habe die Treppe gesehen. Ich musste dazu nicht anstehen.

Ziemlich kaputt kommen wir zurück in die Unterkunft. Wir ruhen uns ein wenig aus. Das Internet in der Wohnung funktioniert sporadisch.

Das leidige Thema Essen

Dann gehen wir los und suchen uns Abendessen. Nach ein paar hundert Metern werden wir das erste Mal angequatscht und ein Typ schleift uns in ein Restaurant. Die Preise auf der Karte sind so hoch, das wir nur lachen und wieder gehen. Das restliche Publikum in diesem Restaurant sieht nicht so aus, als würde es das Geld, das die Gerichte kosten überhaupt im Monat verdienen.

Das nächste Restaurant das wir finden heißt Hanoi. Es hat aber kein asiatisches Essen sondern nur teures.

Gegenüber ist eine kleine Kneipe. Auch dort wird uns wieder eine Karte unter die Nase gehalten. Sie sind günstiger und haben das gleiche wie alle anderen. In einer halben Stunde soll Lifemusik beginnen. Das hätte uns eigentlich warnen sollen.

Der Raum ist klein für ein Restaurant. Er ist insgesamt nicht größer als ein durchschnittliches Wohnzimmer in Deutschland. Darin steht eine Bar und vier Tische. Außerdem ist ein PC aufgebaut. Wir bestellen.

Gutgemeinte Bevormundung

Ich bestelle Käsekroketten und Reis mit Bohnen. Das sein nur eine Beilage, wird mir erklärt. Ich erkläre ich esse keine Tiere, daher sei das schon okay. Ich bekomme meine Käsekroketten, Max seine mit Hühnchen. Sie sehen identisch aus, schmecken laut Max auch fast identisch. Meine schmecken vielleicht nach Käse. Ich finde sie schmecken vor allem nach Öl.

Dann kommt das Hauptgericht. Ich bekomme eine große Portion Gemüsereis. Ich bin mir nicht sicher ob ich aus Versehen den falschen Reis bestellt habe. Also esse ich das. Auf der Rechnung steht später etwas völlig anderes, es kostet statt 1,25 CUC die ich bestellt habe 4,50 CUC. So teurer Reis war gar nicht auf der Karte.

Einerseits finde ich es ja nett, dass sie sich Mühe geben für einen Vegetarier etwas extra zu kochen, andererseits fühle ich mich bevormundet, nicht das zu bekommen was ich bestellt habe und auch verarscht. Sie hätten ja noch mal fragen können. Außerdem kann ich diesen gelben Gemüsereis mit Bohnen, Kohl und Karotten aus der Dose einfach nicht mehr sehen. Entsprechend ist meine Laune nicht die beste und ich nehme mir vor das nächste Essen, das ich nicht bestellt habe zurückgehen zu lassen.

Abendessen für Partypeople

Während wir im Lokal sind gibt eine sehr motivierte Sängerin zuerst alleine, dann gemeinsam mit zwei jungen Kerlen Lieder aus den spanischen Charts zum besten. Es ist wahnsinnig laut. Es kommen noch mehr Touristen, die allerdings alle nur etwas trinken. Diese sind eindeutig besser gelaunt und weniger k.o. und machen ordentlich Party mit der Band. Einer der Sänger schnappt sich eine junge Touristin aus einer Mädelsgruppe und sie tanzen extrem willig und extrem aufreizend. Nun wird es wird auch noch wahnsinnig eng.

Max, der einfach nur in Ruhe Essen will wird das alles zu laut und zu viel. Außerdem mag er Reageton generell nicht sonderlich gerne. Um sich zu unterhalten ist es sowieso viel zu laut. Entsprechend ist seine Laune nicht die beste und er nimmt sich vor Lokale mit Livemusik zukünftig zu meiden. Natürlich werden wir trotzdem zu einem Trinkgeld für die Musiker genötigt.

Auf dem Heimweg diskutiert Max mit mir, was wir machen, wenn das vegetarische Essen für mich auf unser weiteren Reise weiterhin so einseitig bleibt. Er hat etwas Sorgen, dass ich ihm unterwegs verhungern könnte. So langsam kann ich das sogar nachvollziehen. Die einzige Idee sind Eiweißshakes oder Babynahrung. Ich hoffe inständig, dass das nicht nötig wird.

Die Nachbarschaft macht noch bis nachts um ein Uhr Party. Dann kehrt auch langsam in Havanna Ruhe ein.

Nach oben scrollen