Krokodile in einer Krokodilfarm in Kuba

Tag 14: Flamingos und Krokodile

Datum: 24.10.2018 | Ort: Playa Larga

Am nächsten Tag gibt es wieder ein ganz vorzügliches und riesiges Frühstück. Es ist das beste das wir in ganz Kuba bekommen und noch dazu das günstigste.
Als wir im Anschluss wieder auf unser Zimmer gehen, gibt es kein Wasser im Bad. Ich sage etwas zerknirscht Vivian Bescheid. Für sie ist das ein ganz gewöhnliches Problem. Eine Pumpe wird angeschaltet und kurz darauf geht das Wasser wieder. Einige Zeit Später läuft der Wassertank am Dach über. Es ist jedoch keiner da um die Pumpe wieder aus zu machen. Daher läuft das Wasser über eine halbe Stunde einfach vom Dach. Mit Wassersparen haben es die Kubaner nicht so.

Die Fahrt zum Nationalpark Cienaga de Zapata

Dann kommt unser Auto für den Tag. Es ist ein Jeep. Wir sitzen hinten auf der Ladefläche. Die Rückenlehne ist eine Querstrebe vom Dachaufbau. Die Sitze sind gegenüberliegende nierige Bänke. Nach hinten ist bis auf einen dreißig Zentimeter hohen Rand offen und Gurte gibt es nicht. Ich überlege bei mir, ob eine Motorrad nicht doch die sichererer Variante gewesen wäre. Der Fahrer spricht kein Englisch. Wir fahren los.

Es geht nicht sonderlich weit über die Landstraße, da kommen wir an einen Gebäudekomplex, der ein bisschen an eine Kaserne erinnert. Nur die vier Schautafeln, die Werbung für den Nationalpark machen, passen nicht ganz dazu.

Ich bleibe im Auto und passe auf die Sachen auf, Max verschwindet mit dem Fahrer in einem der Gebäude um den Eintritt zu bezahlen. Kurz darauf kommt er wieder und fragt, ob ich etwas dagegen habe zwei Franzosen mitzunehmen. Ich habe natürlich nichts dagegen, zumal sie sich an den Fahrtkosten beteiligen wollen.

Als Max wieder kommt, wird es voll im Auto. Auf dem freien Sitz neben dem Fahrer nimmt ein Guide platz, der im Eintritt inklusive ist. Max quetscht sich neben mich und auf der Bank mir gegenüber nehmen Anais und Eliot Platz. Eliot ist vier, sehr aufgeweckt und gut gelaunt. Er verteilt Kekse an seine Mitfahrer. Anais, seine Mutter ist recht pragmatisch. Sie passt auf, dass das Kind nach hinten nicht aus dem fahrenden Auto fällt, nimmt die Situation aber sonst sehr gelassen – Eine Rückenlehne gibt es ja nicht und die Querstange an der ich lehne ist zu hoch für den Kleinen. Sie wusste nicht, dass man für den Park ein Auto braucht. Wir wussten das auch nicht. Wir waren davon ausgegangen, dass wir das Auto brauchen um hin zu kommen.

Der Park Cienaga de Zapata

Wir kommen im Park an, unser Guide stellt sich vor. Er trägt lange Klamotten und einen Hut in unterschiedlichen Tarnfarben-Musterungen, dazu giftgrüne Anglerhandschuhe und eine Sportsonnenbrille, deren Gläser in allen Regenbogenfarben schillern. Der Weg in den Park ist ruckelig. Es gibt extrem tiefe und viele Schlaglöcher die allesamt voll Wasser sind. Rechts und links ist Wald. Dieser variiert von dicht bis licht.

Dann wird es um uns herum etwas sumpfiger. Mit einem Mal fällt ein ganzer Schwarm Mücken über unser Auto her. Wir kommen gar nicht so schnell mit dem Erschlagen hinterher wie sich neue auf uns stürzen. Der Fahrer und der Guide nehmen es recht gelassen. Wir hinten im Auto sind alle kurzärmelig angezogen und schlagen um uns und uns gegenseitig. Eliot mutiert zum wahren Mückenkiller und beweist eine erstaunliche Treffsicherheit für sein Alter. Mehrmals Ohrfeigen wir uns alle gegenseitig. Es ist auch ein Weg sich besser kennenzulernen. Die Schulter von Max, die aus dem Auto herausragt wird besonders häufig attackiert. Als wir einige Zeit später aussteigen, ist sie übersät von zentimetergroßen roten Pusteln. Bei mir schwellen die Stiche zum Glück nicht so an.

Der Jeap hält mehrmals. Zu unserer Rechten und linken ist lichter Magrovenwald, dazwischen sind große Flächen stehenden Meerwassers. Darin stehen Flamingos. Viele stehen sogar nur wenige dutzend Meter entfernt von der Straße und lassen sich von uns kaum stören. Reiher, Falken, Regenpieper und Kormorane sitzen in den Bäumen, kleine Fische schwimmen durchs Wasser und es gibt sehr viele blaue Krabben, die man beim Fressen beobachten kann.

Es ist nett hier, idyllisch. Es gibt immer wieder Aussichtsplattformen, um etwas weiter über das Wasser schauen zu können. Der Guide beantwortet geduldig alle Fragen und erzählt etwas über den Park. Wir sind leider etwas zu früh um ihn in seiner vollen Pracht zu sehen, denn erst einen halben Monat später, ab Mitte November, treffen die Zugvögel aus Nordamerika hier zum Überwintern ein. Dann soll die Artenvielfalt noch um einiges größer sein.

Die Fahrt geht ein gutes Stück über eine miserable Schotterstraße durch die Magroven, dann dreht der Jeep um und wir fahren zurück. Allerdings fahren wir zunächst einmal garnicht, denn der Motor streikt. Erst nach mehrerern bangen Minuten und Startversuchen springt er wieder an und entlässt eine dunkle Rauchwolke aus dem Auspuff.

Auf dem Rückweg lassen uns die Mücken zum Glück halbwegs in Ruhe. Wir sehen einen Oldtimer mit Touristen und eine Pferdekutsche. Die Fahrt dauert insgesamt knapp zwei Stunden, dann lassen wir den Guide aussteigen und fahren zurück zum Ort. Eliott schnekt mir noch einen Keks.

Anais frägt, ob wir uns mit ihr und Eliott vielleicht auch noch eine Krokodilfarm ansehen möchten. Der Fahrer will dafür 15 CUC. Wir stimmen zu. Ramiro, unser Gastgeber hatte gestern für die Fahrt zum Krokodilpark noch 20 CUC angesetzt. Das gibt uns einen Eindruck wie hoch die Vermittlerprovisionen hier in Kuba tatsächlich sind.

Crocodile nurserie Krokodilpark

Als wir jedoch beim Park ankommen, ist es nicht der Park zu dem wir wollten. Zum einen sieht man bereits von außen, dass es eine reine Zuchtstation ist und nicht wirklich ein Park – zum anderen liegt der Park auf der falschen Straßenseite. Der Fahrer stellt sich dumm. Da wir leider beim Vorbeifahren keinen anderen Park gesehen haben und dieser aber eigentlich genau gegenüber sein sollte, nehmen wir notgedrungen den Park, den wir eben gerade haben.

Der Eintritt kostet 5 CUC pro Person. Dazu gibt es einen Guide gratis. Er erklärt uns, dass die Krokodile hier zum Auswildern gezüchtet werden. Das Kubanische Krokodil werde stark von Wilderern bejagt und sei daher bedroht. Der Park dient daher dem Schutz der Krokodile. 100 Krokodile seien letztes Jahr ausgewildert worden. 4500 Krokodile leben derzeit ungefähr im Park auf 20 schmucklose Betonkäfige verteilt. Ungefähr 75% der Tiere, die hier schlüpfen erreichen laut seiner Aussage das Erwachsenenalter. Die Krokodile bleiben bis zu einem Alter von 7-10 Jahren und würden dann ausgewildert oder kämen in andere Parks in Kuba. Für mich gehen die Zahlen nicht ganz auf. Nachdem es den Park bereits seit den 80ern gibt, müsste es sehr viele andere Parks in Kuba geben, die inzwischen auch schon sehr voll sind.

Wir werden an einer Reihe von Betongehegen vorbeigeführt. Hier gibt es Krokodile von ganz klein bis ganz groß. Wir bekommen ein paar Infos über das kubanische Krokodil, wirklich in die Tiefe geht der Vortrag aber nicht. Die Becken haben keine Schautafeln und keine Beschriftungen. Die Käfige bestehen aus Beton und rostigen Gittern. In manchen liegt Draht oder Blech herum. Es liegt Kot herum, aber nur so viel, dass man davon ausgehen kann, dass sie schon gelegentlich gereinigt werden. Sie sind zweckdienlich, mehr nicht. Einen wirklichen Aufklärungsgedanken kann ich hier nicht entdecken. An einer Stelle sitzt ein alter Mann, der ein Jungkrokodil mit zugebundenem Maul auf dem Schoß hat. Man kann gegen ein Trinkgeld Fotos mit dem Krokodil machen. Das Krokodil würde alle halbe Stunde ausgetauscht damit es nicht zu gestresst würde, versichert mir der Guide. Ich bin da eher skeptisch.

Dann leren wir noch ein paar ausgewachsene Tiere kennen. Eines wird mit einem Stock getriezt, um zu zeigen, wie schnell sie zubeißen können. Sie sind sehr schnell.

Dann klingelt das Handy unseres Guides. Es spielt ‚Magic Stick‘ von 50 Cent. Er lotzt uns kommentarlos in eine Hütte und verschwindet selbst .
Davor steht ein totes junges Krokodil an Draht, vermutlich zum Trocknen fürs Ausstopfen, mutmaßt Max. In der Hütte gibt es ein ausgestopftes Krokodil, das gut und gerne zwei Meter lang ist. Neben dem Eingang steht ein Tisch, auf dem in verschiedenen Plastikdosen, die ich bislang nur für Frischkäse an der Käsetheke im Supermarkt kannte, Eier von Krokodilen in den verschiedenen Entwicklungs- und Schlüpfphasen zu sehen sind. Am Boden spielen ein paar Babykatzen mit entzündeten Augen.
Auf anderen Tischen gibt es ettliche Krokodilköpfe an Holzscheiben, wie es für Trophäen üblich ist. Genau diese Köpfe hatten wir bereits im Ort in einem Restaurant als Deko an der Wand gesehen. Es gibt Flaschenöffner an Krokodilfüßen und der Gipfel der Absurdität ist ein totes Babykrokodil, das mit Baseballschläger und Baseballcape ausgestellt ist. Nirgends stehen Preise, Erklärungen oder Ähnliches. Am Ende des Raumes sitzen drei Greise an einem langen Tisch und grinsen und zahnlos an. Es ist vermutlich der skurrilste Ort, an dem ich in meinem bisherigen Leben war.

Ob das nun der schlimmste Souvenirshop aller Zeiten, oder eine Aufklärungsstädte über Wilderei sein soll, ich bin mir nicht sicher. Ich tippe irgendwie auf ersteres. Das untermauert auch meine Annahme, dass viele der hier gezüchteten Krokodile eben nicht der Erhaltung der Art dienen, sondern eher dazu, Souvenirs und Fleisch für die Touristen zu erzeugen. Einerseits ist es ja gut, die wilde Population dadurch zu entlasten, andererseits gaukelt es vor, es wäre in irgendeiner Weise okay diese Dinge zu kaufen – und unterstützt dadurch wiederum direkt den Schwarzmarkt. Ich bin davon überzeugt, dass der deutsche Zoll alles aus diesem absurden Laden konfiszieren würde. Im schlimmsten Fall landet man vermutlich sogar noch in Kuba wegen im Knast, wenn man versucht ein totes geschütztes Tier aus dem Land zu bringen.

Wir lassen diesen seltsamen Ort hinter uns und fahren zurück in die Stadt. Ich kann auch auf der Rückfahrt keinen anderen Krokodilpark entdecken. Allerdings hatte ich in einer Dokumentation einen anderen, schöneren gesehen, der mehr auf Aufklärung wert legt. Auch in Anais Reiseführer ist er verzeichnet. Unser Fahrer sagt es gibt keinen anderen.

Als wir in der Stadt aussteigen quatscht uns ein Typ wegen einem Taxi Collectivo nach Havanna an. Es soll nicht mehr kosten als mit dem Bus. Wir sagen ihm, dass wir es uns überlegen. Anais überlegt mitzufahren, sie müsste jedoch für Eliot den vollen Preis bezahlen oder ihn auf den Schoß nehmen. Das ist ihr zu doof und sie verabschiedet sich.

Abhilfe bei Mückenstichen

Als wir in der Unterkunft ankommen, führt mein Weg direkt unter die Dusche. In meinem Ausschnitt finde ich zwei tote Mücken, auf meinem Bein eine lange Blutspur. Ich dusche sehr sehr lange. Max Rücken sieht noch schlimmer aus. Die Mischung aus Sonnenbrand und Mückenstichen ist hügelig, rot und extrem schmerzhaft.

Da der Guide meinte, dass Meerwasser gegen die Mückenstiche hilft, packen wir anschließend unsere Badesachen und gehen zum Strand. Hundi begrüßt uns freudig und bekommt ausgiebig Streicheleinheiten. Ich setze mich ein bisschen mit ihr an den Strand. Dann rufen jedoch Max und das Wasser. Hundi schaut traurig zu wie ich ins Wasser gehe, bleibt noch ein bisschen nervös am Ufer sitzen und verschwindet dann im Gebüsch.

Das Wasser ist heute sehr braun, da der Wind und der Regen der letzten Tage Wasser aus den den Mangroven drückt. Es ist nicht so wirklich schön, aber schön warm und angeblich gut für die Haut. Das Ufer ist allerdings ziemlich von den Touristen zugemüllt. Da vermisse ich den Strand von Varadero, der den Spuren im Sand nach jede Nacht einmal mit schwerem Gerät durchgereinigt wird. Ob das eine ökologisch sinnvoller als das andere ist weiß ich nicht. Warum Touristen ihren Müll an den Strand werfen müssen, weiß ich auch nicht.

Wir gehen zurück zur Unterkunft. Vivian hat wieder groß aufgekocht. Das Abendessen ist sehr lecker. Wir machen noch einen kleinen Verdauungsspaziergang um den Block, doch Hundi ist nicht da.

Der Abend endet damit dass Max und ich uns gegenseitig Mückenstiche an den Armen und am Rücken mit so einem kleinen Heizstab gegen Mücken weckbrennen. Das gleiche machen wir nochmals nachts. Das Jucken ist sonst schier nicht auszuhalten.

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