Ein Nashorn versperrt uns bei Morgengrauen den Weg in den Park

Der Chitwan Nationalpark in Nepal – Nashorn und Bengal Tiger

Wir starten kurz nach Sonnenaufgang. Der offene Jeep bringt uns an die Tore des Nationalparks. Der erste Blick ist ernüchternd. Bauarbeiter schaufeln Steine in Körbe, der Mitarbeiter des Parks ist noch nicht einmal auf seinem Posten und kommt nach einigen Minuten erst misslaunig mit einem Kaffee in der Hand und mit aus der Hose hängendem Shirt aus den Unterkünften gestapft. Ein paar Pfauen picken im hohen Gras nach Futter.
Dichter Wald versperrt uns die Sicht auf alles was dahinterliegt. Unsere Erwartungshaltung sinkt deutlich.
Doch dann setzt sich der Jeep wieder in Bewegung und durch eine Schneise im Wald fahren wir in den Park und über einen kleinen Fluss. Die Sonne bricht vor uns durch das Geäst, die Landschaft öffnet sich zu einer weiten Grassavanne, ein Schwarm weißer Ibisse fliegt in den Sonnenaufgang auf und Rehe stieben auseinander.  Es sieht aus wie das Paradies.

Wir fahren weiter in den Park, überwältigt von den Eindrücken. Es raschelt im Gebüsch uns da ist es plötzlich: das Nashorn.

Der Chitwan Nationalpark: Überblick

1973 gegründet, ist der Chitwan Nationalpark der älteste des Landes. Er liegt im südlichen subtropischen Teil des Landes an der Grenze zu Indien. Der Park umfasst rund 932 km², wobei das Gebiet aus dem Kern-Nationalpark besteht der von einer 766 km² großen Pufferzone umgeben wird. An das Gebiet des Chitwan Nationalpark schließt sich im Osten das Parsa-Wildreservat und auf Seite Indiens der Valmiki-Nationalpark an, so dass hier inzwischen eine über 2000 km² Fläche Rückzug für Tiger und andere bedrohte Arten bietet, die sogenannte Tiger Conservation Unit (TCU).

Der Park beherbergt 68 verschiedene Säugetierarten, 544 Vogelarten, 56 Arten von Amphibien und Reptilien und 126 Fischarten.

Im Fokus des Parks steht allerdings der Schutz des Panzernashorns, des Bengalischen Tigers und des Gangesgavial, einer Art von Krokodil.

Bei der letzten Zählung 2021 (2077 nepalesischer Zeitrechnung) lebten im Gebiet des Nationalparks und angrenzender Gebiete 694 Nashörner und 93 Tiger.

Die Geschichte des Chitwan Nationalpark

Einst war der Chitwan Nationalpark ein beliebtes Jagdgebiet für Großwildjäger. Im 19Jh versammelte sich hier die Elite des Landes, um den kalten Wintern in Kathmandu zu entfliehen und in den Wäldern und Savannen Fleisch und Trophäen zu erlegen.

Mitte des 20. Jahrhunderts fielen schließlich große Teile des Waldgebiets der Rodung zum Opfer. Neben der herkömmlichen Entwaldung kam vor allem das Insektengift DDT damals massiv zum Einsatz.  

Die damalige Waldfläche wurde massiv reduziert, dafür zogen immer mehr Menschen in die Region. Die einst über 800 Nashörner wurden auf weniger als 100 dezimiert. In den 1950er Jahren trat schließlich Nepals Naturschutzgesetz in Kraft, das Nashörner und andere gefährdete Arten unter Schutz stellte. Dennoch sank die Zahl weiter. Erst mit der Gründung des Nationalparks und des Gaida Gasti, eines bewaffneten Spähtupps, der die Population der Nashörner überwacht und vor Wilderern schützt, gelang esden Rückgang der Population zu stoppen.

Der Nationalpark wurde 1984 zum UNESCO-Welterbe erklärt.

Wie komme ich zum Chitwan Nationalpark?

Grundlegend gibt es drei Möglichkeiten von Kathmandu nach Chitwan zu gelangen: Fahrer, Bus oder Flugzeug.

Das Verkehrsnetz in Nepal ist mehr als dürftig. Lediglich eine Straße verbindet die Hauptstadt mit den Gebieten im Süden und Westen des Landes. Sie hat nur eine Fahrspur in jede Richtung und schlängelt sich in teils engen Serpentinen den Berg hinab. Neben der Straße geht es oft mehrere dutzend Meter senkrecht in die Tiefe, während auf der anderen Seite Gerölllawinen auf die Fahrbahn drängen. Auch der Straßenbelag lässt sehr zu wünschen übrig. Zwar sind viele Teile gut geteert, daneben gibt es jedoch immer wieder Abschnitte, die mehr einer überfluteten Huckelpiste gleichen. Geländegängige Fahrzeuge sind hier klar im Vorteil.

Und auf dieser engen und gefährlichen Straße drängt sich alles: LKW, Busse, Autos, Roller, Fußgänger, Hunde, Kühe, Hühner. Dabei wird überholt und gedrängelt, ohne Rücksicht auf den Gegenverkehr und andere Verkehrsteilnehmer – und manchmal sogar ohne Rücksicht auf das eigene Leben.
Wir waren bei unserer Fahrt Zeugen eines tödlichen Verkehrsunfalls, bei dem nur Minuten bevor wir die Stelle passierten ein Rollerfahrer von einem LKW erfasst worden war. Nur Kilometer später wurde gerade ein überfahrener Hund mit Blumen bedeckt.

Kurzum: Die Fahrt ist nichts für schwache Nerven. Auf der Rückfahrt bei schwülerem Wetter musste ich mich sogar übergeben. Bei der nächsten Fahrt sorgte ich mit Vomex – starken Tabletten gegen Reiseübelkeit vor – die jedoch so müde machen, dass ich mir bei einer Bodenwelle kräftig den Kopf anschlug.

Die Fahrzeit beträgt je nach Verkehrslage für eine Strecke von 143km je nach Verkehrslage ca. 6-12h. Die Verkehrslage wird in Google Maps Nicht angezeigt.

Kosten für die Anreise nach Chitwan:

  • Privater Fahrer: ca. 10.000 NPR (ca. 68€)
  • Touristenbus: ca. 3000 NPR (ca. 21€)
  • Bus: ca. 500 NPR (ca. 3,60€)
  • Flug: ca. 25.500 NPR (ca. 180 – 200 €)

Wir hatten einen privaten Fahrer. Tatsächlich war die Fahrt jedoch so krass, dass wir und nächstes Mal eventuell einen Flug überlegen würden.

Neben der Anreise aus Kathmandu ist auch eine Anreise aus Pokhara oder aus Richtung Indien möglich. Wer bereits in Pokhara ist, sollte unbedingt keinen Umweg über das Nadelöhr Kathmandu einplanen.

Die Hauptstraße heraus aus Kathmandu
Gerölllawine am Straßenrand

Wie kann ich den Chitwan Nationalpark besichtigen?


Der Nationalpark gehört zu den Top-Attraktionen Nepals. Zahlreiche Resorts am Rande des Nationalparks, beispielsweise in den Orten Sauraha, Bachhayauli und Gawai, bieten Touren an. Häufig kommen Tiere auch aus dem Nationalpark bis an den Ortsrand oder sogar in die Ortschaften. So sahen wir ein Nashorn außerhalb der Tour in einem Vorgarten schlafen.

Auch im Nationalpark selbst gibt es einige Unterkünfte, die meist jedoch über eine sehr rudimentäre Ausstattung verfügen. Gebucht werden können die Unterkünfte über typische Buchungsplattformen wie Booking.com

Wir übernachteten in der Sapana Lodge, die an ein Community Projekt angebunden ist, zu dem unter anderem eine Schule und ein Elefanten Sanctuary gehört. Ein absolutes Highlight für uns war es die freilaufenden Elefanten von der Frühstücksterrasse aus beim Planschen im nahegelegenen Fluss zu beobachten.

Für die Besichtigung des Nationalparks gibt es drei Möglichkeiten. Zu Fuß, auf dem Elefanten oder mit dem Jeep.

Zu Fuß in den Chitwan Nationalpark:

Eine Besichtigung zu Fuß ist sicherlich ein einmaliges Erlebnis. Allerdings sollte man bedenken, dass man zu Fuß weniger weit in den Park gelangt und im Zweifelsfall keinen Schutz vor dortigen Tieren hat. Auch wenn Nashörner beeindruckende Tiere sind, sind sie nicht gerade für ihre charakterliche Ausgeglichenheit bekannt. Unser Guide erzählte uns, dass er bei einer Tour beinahe von einem Nashorn getötet wurde, und auch wir selbst wurden in unserem Jeep von einem männlichen Jungtier angegriffen, obwohl wir viel Abstand hielten und keine lauten Geräusche machten.

Halbtagestour ca. 30$ pro Person. Ganztagestour ca. 45$ pro Person

Zu Elefant in den Chitwan Nationalpark

Häufig sieht man Touren auf dem Elefantenrücken im Nationalpark. Wir raten davon strickt ab. Zwar ist der Elefant in Nepal ein Nutztier, der touristische Einsatz geht aber weit über die normalen Belastungen hinaus. Bereits junge Elefanten werden deutlich zu schwer beladen, die Sättel – große Holzgondeln – sitzen nicht richtig und die Tiere haben zu kurze Ruhezeiten. Um diese Strapazen überhaupt mitzumachen, erfolgt die Dressur mit Eisenhaken, die den empfindlichen Tieren starke Schmerzen zufügen. Das Ergebnis ist verhaltensauffällige Tiere, die oft schon in jungen Jahren schwere Verkrüppelungen an Beinen und der Wirbelsäule aufweisen.

Ehemaliger Touristenelefant mit Beindeformierung („X-Beinen“)

Zu Jeep in den Chitwan Nationalpark

Der Jeep ist sicher die einfachste und bequemste Methode auf Safari zu gehen. Die Autos haben in der Regel 9 bis 12 Plätze. Weite Strecken können problemlos zurückgelegt werden und man ist zumindest grundlegend vor der Tierwelt geschützt. Zwei kleine Nachteile sind das starke Geschaukel und die Abhängigkeit von den befestigten Straßen. Wir konnten beispielsweise nur eine Halbtagestour und keine Ganztagestour machen, weil Teile der Straßen überflutet waren. Dennoch wäre für uns der Jeep immer wieder das Fortbewegungsmittel der Wahl.

Halbtagestour ca. 240$ pro Jeep (max. 6 Personen). Ganztagestour ca. 295$ pro Jeep



Nach oben scrollen